Um das Jahr 350 n. Chr. übersetzte Bischof Wulfila die Bibel ins Gotische und legte damit den Grundstein für die Christianisierung vieler Germanen.
Wer war Bischof Wulfila?
Wulfila gehörte zum Stamm der Goten und galt dort als geistlicher Führer. Sein Ziel war, dass seine Stammesbrüder den Gottesdienst verstehen können sollten. Also beschloss er, die Bibel ins Gotische zu übersetzen.
Wie übersetzt man ein Buch ohne eine Schrift?
Das größte Problem war, dass die Goten gar keine eigene Schrift besaßen. Was blieb Wulfila also anderes übrig als ein gotisches Alphabet zu erfinden? Aber das war gar nicht so einfach. Er musste für jeden germanischen Laut die passenden Buchstaben finden und dann wieder gotische Wörter für die griechische Schrift. Aber er schaffte es schließlich nach jahrelanger Arbeit. Die Übersetzung wird als Meilenstein in der Geschichte des Christentums bezeichnet.
Was ist Arianismus?
Wulfila grübelte bei seinen Übersetzungen oft über die theologische Fachsprache, um die längst ein Glaubensstreit entbrannt war. Man war sich nicht einig, ob Jesus Christus Gott wesensgleich oder nur wesensähnlich, damit also untergeordnet, war. Wulfila wählte aus diesem Grund meist neutrale Begriffe, war aber eigentlich ein Anhänger derjenigen, die Gottes Sohn dem Vater unterordneten. Das nennt man auch Arianismus, weil einer der frühern Vertreter dieser Glaubensrichtung Arius hieß. Die Arianer leugneten die Göttlichkeit Jesu - für sie war er auch nur ein Mensch. Die Katholiken wandten sich gegen den Arianismus.
Die Westgoten bekommen einen Staat im Staat
In der gewaltigen Schlacht zwischen Westgoten und Römern bei Adrianopel378 n. Chr. wurden die Römer geschlagen. Wulfila reiste nach Konstantinopel auf ein Konzil, dass der neue Kaiser des Oströmischen Reiches, Theodosius, einberufen hatte. Hier sollte nun engültig über das Verhältnis zwischen Gott und Jesus Christus entschieden werden.
Wulfila starb im Jahre 383 n. Chr. und musste nicht mehr mit anhören, wie Theodorich sich gegen den Arianismus entschied. Der Kaiser war aber in der Lage abzuschätzen, dass er den Westgoten nichts entgegen zu setzen hatte und machte ihnen ein außergewöhnliches Angebot. Er bot den Westgoten an, in seinem Reich sesshaft zu werden und unter einer eigenen Führung zu leben, also einen Staat im Staat. Die Westgoten wurden somit zum ersten christianisierten Germanenvolk mit eigenem Herrschaftsgebiet.
Konkurrenz der Konfessionen
Nicht zuletzt die übersetzte Bibel von Bischof Wulfila führte dazu, dass nach und nach immer mehr Germanenvöker wie die Langobarden, Vandalen, Burgunder und Ostgoten das arianische Christentum annahmen.
Auch der ostgotische Kaiser Theoderich herrschte auf der Grundlage von Wulfilas Bibelübersetzung und ließ dessen Lebenswerk in einer silbernen Bibel verewigen. Als aber das Ostgotenreich im Jahre 550 n. Chr. unterging, begann auch der Untergang der arianischen Glaubensrichtung. Der Frankenkönig Chlodwig entschied sich, den katholischen Glauben anzunehmen, den die Franken später auch den Sachsen und den Friesen aufzwangen.
Auch die silberne Bibel verschwand und tauchte erst im 16. Jahrhundert n. Chr. wieder im Kloster Werden an der Ruhr auf. Genau zu dieser Zeit machte sich ein Mönch daran, sich gegen Rom aufzulehnen und die Bibel in seiner eigenen Sprache zu verfassen. Ihr wisst, wer das war? Genau - Martin Luther.