Wie lebten die Menschen in der Zeit der Industrialisierung?
Die Menschen, die im Zuge der Industrialisierung in die Städte zogen, mussten auch irgendwo eine Wohnung finden. Doch die Städte waren auf diesen Ansturm nicht vorbereitet. Schnell sollten Lösungen her, um all die Menschen, die nun in den Fabriken arbeiteten, unterzubringen.
Mietshäuser mit engen Höfen
So entstanden Mietshäuser, die allerdings oft genug nur um einen engen Hof herum gebaut wurden. Diese Häuser besaßen mehrere Etagen, doch durch die Höhe kamen wenig Luft und Licht in die Höfe. Deshalb waren diese Höfe oft dunkel und auch klamm, weil die Feuchtigkeit des Mauerwerks nicht so gut trocknen konnte. Diese Mietskasernen wurden oft auch den bürgerlichen Wohnungen "nachgebaut". Das Vorderhaus sah oft recht vornehm aus, hatte Verzierungen und Balkone. Auch das Raumangebot war größer. Die Hinterhäuser waren dann oft dem Verfall preisgegeben und in schlechtem Zustand.
Keller- und Dachwohnungen waren am schlechtesten
Wer Pech hatte oder sehr wenig Geld, der musste mit einer Keller- oder Dachwohnung vorliebnehmen. Die schlechtesten Wohnungen befanden sich nämlich im Keller und unter dem Dach. Im Keller blieb es immer dunkel und feucht und unter dem Dach war es im Sommer extrem heiß und im Winter kalt. Ältere Menschen kamen auch kaum die steilen Treppen hinauf.
Wie groß war eine Arbeiterwohnung?
Es gab ein Minimum, das als Größe für eine Arbeiterwohnung vorgeschrieben war und dieses bestand aus einer Stube und einer Wohnküche. Eigentlich. Es blieb bei der Theorie, denn die meisten Arbeiterwohnungen verfügten nicht einmal über diese einfache Trennung.
Kein Klo für Arbeiter!
Nicht einmal ein Klo gehörte dazu. Häufig gab es nur einen Kübel in der Wohnung oder eine Gemeinschaftstoilette auf dem Innenhof. Der Wunsch nach einer bequemeren und auch besseren Lösung kam erst Anfang des 20. Jahrhunderts auf. Dabei handelte es sich fast immer um ein Außenklo oder ein Etagenklo, das sich meist viele Menschen teilen mussten.
Die Größe einer Wohnung wurde anhand des Bedarfs an Atemluft ermittelt
Die Wohnungen wurden übrigens nicht nach dem Quadratmeterbedarf eines Menschen berechnet, sondern nach seinem Bedarf an Atemluft. Das bedeutete, dass die Wohnungen klein, aber hoch gebaut wurden. So gab es zwar mehr Luft zum Atmen, aber weniger Raum zum Leben. Da immer viel zu viele Menschen in einem Raum lebten, gab es dann auch nicht die Menge an Luft, die eigentlich jeder haben sollte.
Und das Innere einer Wohnung?
Vielleicht dekorieren deine Eltern gerne eure Wohnung oder euer Haus? Hier eine Vase, ein Blumenstrauß, ein Bild, dort ein Bücherregal. Die Arbeiterfrauen hatten für so etwas keine Zeit, eine Wohnung musste auch nicht wohnlich sein. Was man so hatte, packte man einfach in eine Truhe oder in irgendwelche Kisten. Wer Tisch, Stühle, Truhen usw. besaß, hatte Glück. Die meisten Haushalte verfügten allerdings über ein Bett, ein Sofa und eine Matratze, auf der meist der Mann des Hauses schlief. Auch Kinder hatten mit Glück eine Matratze, die sie sich allerdings oft mit ihren Geschwistern teilen mussten. Uhr, Spiegel und Lampe waren schon ein kleiner Luxus.
Die Bedingungen waren unterschiedlich
Doch waren die Bedingungen nicht für alle Arbeiter gleich. Es gab Arbeiterfamilien, denen es durchaus besser ging und die dann auch größere Wohnungen anmieten konnten. Auch verbesserten sich allgemein im Laufe des 19. Jahrhunderts die Verhältnisse. So war Ende des 19. Jahrhundert ein großer Teil der Wohnungen sogar schon mit einem Wasserklosett verbunden und wurde mit Gas beleuchtet. Richtige Badezimmer oder gar elektrisches Licht gab es nur in den Wohnungen der Facharbeiter, die wesentlich besser bezahlt wurden, als die einfachen Arbeiter.
Aus Angst, dass sich die Arbeiter irgendwann wehren würden, begann man sich auch politisch mit dem Thema zu befassen und setzte sich für die Sozialfürsorge ein.