Der Kulturkampf und Definition Kulturkampf
Innenpolitisch sah Bismarck zwei Feinde, die er erbittert bekämpfte. Das war zum einen die katholische Kirche und mit ihr die katholische Zentrumspartei, zum anderen die Sozialisten. Gegen beide Gruppen ging er mit all seiner ihm zur Verfügung stehenden Macht vor und erließ Gesetze, um Katholiken und Sozialisten möglichst politisch auszuschalten.
Der "Kulturkampf" gegen die katholische Kirche
1870 hatte Papst Pius IX. erklärt, dass der Papst unfehlbar sei. Man nannte diese Erklärung das Unfehlbarkeitsdogma. Alle liberal denkenden Menschen in ganz Europa fanden dies unmöglich. Auch in dem mehrheitlich protestantischen Preußen stieß dieses Dogma auf große Empörung und vor allem Otto von Bismarck verurteilte dies aufs Heftigste. Überhaupt war ihm die katholische Kirche und ihre Einmischung in die Politik ein Dorn im Auge.
Bismarck wollte die katholische Kirche aus der Politik heraushalten und ihren Einfluss vor allem im Bildungswesen schwächen. Auch die Trennung von Kirche und Staat lag in seinem Interesse.
Bismarck gegen die Partei des Zentrums
Vor allem die Zentrumspartei, die sich kurz vor der Gründung des Deutschen Reiches gebildet hatte, war Ziel von Bismarcks Attacken. Im Zentrum saßen vor allem katholische Politiker. Den Begriff "Kulturkampf" prägte Rudolf Virchow, der sich nicht nur als Mediziner hervorgetan hatte, sondern auch politisch bei der liberalen Deutschen Fortschrittspartei aktiv war. Die Liberalen sahen in den Katholiken Feinde.
Die Kulturkampf-Gesetze 1871 und der Kanzelparagraph
So kam es in der Zeit von 1871 bis 1875 zu verschiedenen Gesetzen. 1871 zum so genannten "Kanzelparagraphen", der Geistlichen verbot, politische Themen in ihre Predigten aufzunehmen. 1872 wurde der katholische Jesuitenorden verboten. 1873 wurden Gesetze erlassen, die Geistlichen Vorgaben für die Anstellung machten, und 1874 kam ein Gesetz heraus, auf dessen Grundlage unliebsame Geistliche das Aufenthaltsrecht entzogen werden konnte. 1875 wurde dann die Zivilehe eingeführt. Dies bedeutete, dass Ehen, die auf dem Standesamt geschlossen worden waren, rechtlich verbindlich waren und nicht in der Kirche geschlossen werden mussten.
Ende des Kulturkampfes
1878 beendete Bismarck diesen Kulturkampf. Er versuchte sich mit dem neuen Papst Leo XIII. auszusöhnen. Schon kurz zuvor waren einige Gesetze wieder zurückgenommen worden. Übrig blieben die Zivilehe, die staatliche Schulaufsicht und das Verbot des Jesuitenordens (bis 1912). Auch der Kanzelparagraph, der eine Einmischung der Priester verbot, blieb bestehen.
Bismarck hatte wohl erkannt, dass er gegen die Macht der Kirche auf die Dauer nicht ankam. Auch benötigte er die katholische Zentrumspartei, um im Reichstag seine Politik zu verfolgen. Somit gab er klein bei. Doch Bismarck hatte keine Probleme damit, seinen politischen Kurs zu ändern, wenn es ihm für seine langfristigen Ziele Nutzen bringen sollte.