Wie kam es genau zur deutschen Reichsgründung?
Die deutsche Reichsgründung war eine Folge des Deutsch-Französischen Krieges und des Sieges der preußischen Truppen. Aber das war nur der letzte Anstoß. In Wirklichkeit war die Reichseinigung eine komplizierte und von langer Hand geplante Sache. Die Fäden zog Otto von Bismarck, ohne dessen diplomatisches Geschick, aber auch Rücksichtslosigkeit, keine Einigung zustande gekommen wäre. Die Einigung des Deutschen Reiches kam auf einem Zusammenschluss des Norddeutschen Bundes mit den süddeutschen Staaten zustande, wobei Preußen die Bedingungen vorgegeben hatte.
Doch wir werfen erst einmal einen Blick zurück und schauen uns die Entwicklung genauer an.
Die Pläne Otto von Bismarcks
Seit 1862 lenkte Otto von Bismarck, den der preußische König Wilhelm I. zum Ministerpräsidenten berufen hatte, die Geschicke Preußens. Dort verstieß er gegen die Verfassung, weil er vier Jahre lang ohne Haushalt regierte. Das bedeutete, dass die Staatsausgaben nicht vom Parlament bewilligt waren. Das störte Bismarck wenig, seine Ziele waren ja ganz andere. Doch musste er fest im politischen Sattel sitzen, um seine Ziele durchzusetzen.
Drei Kriege führten letztlich zur deutschen Reichseinigung.
Welche 3 Kriege führten zur Gründung des Deutschen Reiches?
1. Krieg gegen Dänemark
1864 sorgte Bismarck dafür, dass Preußen gemeinsam mit Österreich aus dem Krieg gegen Dänemark siegreich hervorging. Man stritt sich um Schleswig und Holstein, denn der dänische König plante, Schleswig Dänemark anzugliedern. Es kam zu einem Krieg, in dem preußische und österreichische Truppen sich gemeinsam gegen den dänischen Widerstand durchsetzten. Dänemark trat im Frieden von Wien 1864 die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an Österreich und Preußen ab. Damit wäre ja alles gut gewesen. Aber dieser Friede war nur ein kleiner Schritt in Richtung Reichseinigung unter preußischer Führung. Dazu musste Bismarck Österreich, das sich seine Machtstellung natürlich nicht so leicht streitig machen wollte, loswerden.
2. Krieg gegen Österreich
Die Spannungen zwischen den beiden Großmächten hielten an. Man stritt sich vor allem um Holstein, das man ja kurz zuvor gemeinsam den Dänen abgerungen hatte. So kam es zum Krieg zwischen Österreich und Preußen. Preußen kämpfte im deutschen Krieg gemeinsam mit 17 kleineren norddeutschen Staaten gegen Österreich, Bayern, Württemberg, Sachsen und weitere Staaten des Deutschen Bundes. Die Entscheidung fiel in der Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866, die die Preußen und ihre Verbündeten gewannen. Die Preußen waren technisch überlegen und verfügten über die besseren Waffen. Mit diesem Sieg Preußens verlor Österreich seine bedeutende Stellung in Europa. Und genau dies war Bismarcks Absicht gewesen, nämlich Österreich zu schwächen, um nun in Ruhe Deutschland neu gestalten zu können. Ein geschickter Schachzug war, den besiegten Gegner Österreich milde zu behandeln. Im Frieden von Prag stimmte Österreich der Auflösung des Deutschen Bundes zu. Am Ende stand die Gründung des Norddeutschen Bundes, dem Preußen und weitere verbündete norddeutsche Staaten angehörten sowie Sachsen und Hessen. Insgesamt umfasste dieser Bund 22 Staaten und hatte 30 Millionen Einwohner. Bismarck wurde im Juli 1867 zum Kanzler des Bundes gewählt.
3. Krieg gegen Frankreich
Doch Frankreich sah diese Entwicklung nicht gerne, denn ein starker deutscher Staat in der Mitte Europas war für Frankreich eine Bedrohung. Das wusste Bismarck. Sein Ziel war, die Franzosen zu isolieren und einen Krieg herauszufordern, bei dem Preußen allerdings nicht als Angreifer dastehen sollte. Der Schachzug der "Emser Depesche" kam ihm zu Hilfe. Heinrich Abeken, der als enger Mitarbeiter Bismarcks den preußischen König bei seinem Kuraufenthalt in Bad Ems begleitete, telegraphierte im Auftrag von Wilhelm I. die zusammengefasste Unterredung mit dem französischen Gesandten an Bismarck. Der verkürzte den Wortlaut. Durch diese Kürzungen erhielt das Schreiben eine scharfe, drohende Note, so dass der König dem französischen Anliegen nicht zustimmen konnte. Die Franzosen fühlten sich beleidigt und erklärten daraufhin am 18. Juli 1870 den Krieg. Die Niederlage Frankreichs in der Schlacht von Sedan und die Gefangennahme des französischen Kaisers Napoleons III. führten schließlich dazu, dass am 18. Januar 1871 der preußische König Wilhelm I. zum ersten Kaiser des deutschen Reiches ausgerufen wurde. Reichskanzler wurde Otto von Bismarck.
Welche Rolle spielte Bismarck bei der Gründung des Deutschen Reiches?
Drei Kriege, politische Schachzüge und diplomatische Überlegungen hatten dazu geführt, dass Bismarck sein Ziel erreicht hatte. Ein geeintes Deutschland, ohne Österreich und ohne Freiheit. Eine nationale Einigung von oben. Ohne Bismarck hätte sich die Geschichte des Deutschen Reiches vielleicht ganz anders entwickelt. Wir wissen es nicht.